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Swiss International Mountain Marathon
Erlebnisbericht

Schwarzsee 2019

SIMM 2019: Zäune ohne Ende und ein tolles Erlebnis
Nachdem Ursi schon ein paarmal am Swiss International Mountain Marathon (oder R'adys, MIMM oder wie er sonst noch hiess) gelaufen war, reizte es sie, einmal die lange Bahn zu machen. Rund 50 km und mehr als 4000 Höhenmeter quer durchs Gebirge mit Zelt, Kocher, Kleidern und Essen für zwei Tage auf dem Rücken. Auf irgendeiner Bergtour mit Brigitte konkretisierte sich dann die Idee. Ein Opfer war gefunden! Und schon im Winter machte Ursi die Anmeldung, damit es kein Zurück mehr gab. So ergatterten wir die Startnummer 101! Unser erklärtes Ziel: durchkommen!
Der Start befindet sich auf der Riggisalp oberhalb des Schwarzsees im Freiburgischen. Nach einem relativ zahmen Einstieg geht’s zur Sache. Bahnleger Dieter Wolf, alias Lupo, jagt uns über Berge und durch Täler, über Steinfelder und durch Wälder und immer wieder über holprige Kuhweiden, die alle feinsäuberlich mit Zäunen umgeben sind. Da gibt es Stachelzäune, Gitternetzzäune und unter Strom stehende Doppelzäune sowie die beliebige Kombination von allem, um nur eine kleine Auswahl der lästigen Rhythmusbrecher zu nennen. So finden wir auch bei der gefühlten 200. Zaunüber- bzw. -unterquerung keine optimale Technik... Die Wege auf der Karte muss man im Gelände zum Teil erahnen und spüren, aber wir kommen ohne grösseren Schnitzer durch und duellieren uns mit dem einen oder anderen Männerteam.
Der höchste Punkt ist der Kaisereggpass auf 2072 m ü. M., der schlimmste Aufstieg wartet aber gegen Ende der Etappe. Vom Heubergtürli auf knapp 1400m geht’s auf einem dieser teilweise unsichtbaren Wege hoch zu einem Posten bei einer Weggabelung, die aus einem einzigen Weg besteht, und nach einem Abstecher zu einem Posten auf einem dieser «kleinen» Hügel, die im Laufe des Rennens immer höher werden, auf den Mutti auf knapp 2000m. Ursi, die den Badge nicht aus der Hand gibt, macht auch hier den kleinen Umweg zum Posten, während Brigitte die nächste Route studiert. Leider wollen ihre Muskeln nicht mehr so recht und brauchen mehrmals eine entkrampfende Dehnung durch Ursi. Zum letzten Posten hinab nehmen wir sogar den Umweg auf einem Strässchen, um weitere Krämpfe zu vermeiden, und lassen uns nach knapp sieben Stunden noch von zwei Teams überholen, so auch vom zweiten Frauenteam, das die lange Strecke läuft (wie kann man nur auf diese dumme Idee kommen ;-)).
Die nächste «Etappe» bringen wir im Zeltlager auf dem Spittelboden hinter uns. Wir verspeisen ein veritables Fünf-Gang-Menü: Als Amuse Bouche ein Eiweissriegel mit einem Magnesium-Drink, dann Nudeln an einer Pilzrahmsauce, gefolgt von Kartoffelstock mit Speck und Broccoli, dann Spaghetti Bolognese und zum Dessert eine Tafel Schokolade. Dazwischen literweise Tee. Das sollte reichen für den zweiten Tag...
Am Sonntag starten wir eine Minute hinter Lucia Lauenstein und Lucie Wiget. Wir forcieren nicht und lassen uns von ihnen den Weg «zeigen», doch mit der Zeit wird der Rückstand eher grösser. Nach einem Posten am Rand eines ausgetrockneten Seeleins, das von Kühen als Schlammbad genutzt wird, versagt die Kartenleserin (Brigitte) kläglich. Wir gelangen zu weit rechts auf einen Grat und kraxeln auf dem weiss-blau-weiss markierten Weg noch ein Stück weit in die falsche Richtung, bis wir den Fehler bemerken... Nun sind die anderen Frauen definitiv weg. Nach einer Phase des Ärgers über den Fehler und einer erfrischenden 2-Minuten-Cola in einem Bergbeiz sind wir froh, vor und hinter uns keine Teams mehr zu sehen und ohne «Stress» unser Rennen laufen zu können.
Als uns beim viertletzten Posten die Kontrolleurinnen sagen, dass noch kein Frauenteam passiert habe, glauben wir nicht so richtig und lassen uns nicht aus unserem Trott bringen. Wir kämpfen weiter durch Sümpfe und über Bäche Richtung drittletzter Posten und sind froh, dass Lupo die Bahn in der Nacht auf heute noch um vier Posten gekürzt hat... Das tönt nicht nach viel, aber für jene, die nicht wissen, wie so eine SIMM-Bahn aussieht, sei angemerkt, dass ein Posten mindestens eine zusätzliche Viertelstunde, eher eine halbe Stunde oder auch mal über eine Stunde bedeutet! Langsam, aber sicher schwinden die Kräfte, aber wir kommen dem Ziel Schritt für Schritt näher. Später sehen wir auf der Zwischenzeiten-Grafik, dass wir auf diesen letzten paar Posten sogar vergleichsweise «schnell» sind. Wir sind also nicht die einzigen, bei denen es nicht mehr so rund läuft...
Nach rund sechseinhalb Stunden und total 13 Stunden 23 Minuten und 30 Sekunden laufen wir überglücklich ins Ziel. Von den beiden anderen Frauen fehlt noch jede Spur. Sie haben in der Mitte des Rennens eine schlechte Route erwischt und viel Zeit verloren. So können wir das Rennen als Siegerinnen und Gesamt-Vierte beenden. Wer hätte das gedacht – damals, als wir beschlossen, das Abenteuer zu wagen...